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Moravský zemský archiv - knihovna

Mährisches Landesarchiv - Bibliothek


Adresse. Zerotínovo námestí 3-5, 602 00 Brno
Telefon. (05) 42 16 23 08
Telefax. (05) 41 21 14 89
Bibliothekssigel. <BOE 304>

Unterhaltsträger. Ministerstvo vnitra Ceské republiky - archivní správa [Innenministerium der Tschechischen Republik - Archivverwaltung]
Funktion. Landesarchiv mit Archivbibliothek.
Sammelgebiete. Mährische Verwaltungs- und Amtsdrucke, Politik, mährisches Justizwesen, Finanzwesen, Kirche, Archivalien aus Großgrundbesitzen, konfiszierte Büchersammlungen.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9-18 Uhr; am ersten Montag im Monat geschlossen. Bücher aus entfernt liegenden Depositen müssen vorbestellt werden. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte, Mikrofilm-Lesegeräte, Fotowerkstatt.
Gedruckte Informationen. S. u. 4.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Bestände aus Depositen können vorbestellt und bereitgestellt werden. - Straßenbahnverbindung vom Hauptbahnhof (Linie 1) Richtung Reckovice bis Haltestelle Moravské námestí, (Linie 4) Richtung Masarykova ctvrt bis Haltestelle Ceská ulice oder (Linien 12, 13) Richtung Královo Pole bis Haltestelle Zerotínovo námestí. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 15 Minuten). - Parkmöglichkeiten in der Nähe des Archivs im Stadtzentrum.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Mit einer systematischen Verwaltung von Archivalien begann man in Mähren in der Mitte des 17. Jhs (nachweislich 1658 und 1686). Die Stelle eines hauptamtlichen Archivars und Historiographen in Brünn wurde jedoch erst 1839 mit der Gründung des Landesarchivs eingerichtet. Die wissenschaftliche Arbeit konzentrierte sich auf die Herausgabe primärer mährischer Archivquellen und Urkunden. Während des 19. Jhs gab das Institut den Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae (1836-1903) unter der Leitung von Antonín Bocek, Petr von Chlumecký, Josef Chytil, Vincenc Brandl und Bertold Bretholz heraus sowie die Libri citationum et sententiarum (1872-1911) unter Leitung von Vincenc Brandl, Berthold Bretholz und Die Landtafel der Markgrafschaft Mähren (1856-1861) von Chlumecký. Eine selbständige Bibliothek als Teil des Mährischen Landesarchivs wurde nach einer Instruktion aus dem Jahre 1856 eingerichtet. Schon in dieser frühen Zeit stand sie Forschern und Interessenten hauptsächlich mit historischen Werken, speziell zur Geschichte Mährens, zur Verfügung. Von Beginn an sammelte sie neben Werken zur Geschichte auch Werke zu den historischen Hilfswissenschaften Genealogie, Heraldik und Sphragistik, zudem Quelleneditionen zur Geschichte Mährens, Böhmens, Österreichs sowie anderer europäischer Länder. Der Katalog aus dem Jahre 1858 belegt, daß die Bibliothek damals fachlich bearbeitet wurde (s. u. 3.3).

1.2 Markstein in der Entwicklung der Archiv- und Büchersammlungen war das Jahr 1901, in dem es zur Trennung der Bibliothek des Franzensmuseums kam, und die Bibliothek zu einer selbständigen Institution als Mährische Landesbibliothek wurde. In diesem Zusammenhang übergab das Mährische Landesarchiv dem Museum eine Münzsammlung und der Bibliothek 2022 Bücher - einschließlich Alter Drucke - und bekam vom Museum im Gegenzug 987 Handschriften. Seit Fertigstellung des Landeshauses II im Jahre 1907 ist das Landesarchiv in diesem Gebäude untergebracht. Die Sammeltätigkeit wurde nach der Jahrhundertwende auf ökonomische, philosophische und enzyklopädische Werke erweitert für den Aufbau einer Fachbibliothek der Gesellschaftswissenschaften.

1.3 Die Bibliotheken des mährisch-schlesischen Landesgesetzes (1930), des Landesausschusses [Zemský výbor, 1934] und des Statistischen Landesamtes [Zemský statistický úrad] wurden nach und nach eingegliedert. Bedeutend waren auch die Sammlungen aus den Nachlässen der Historiker František Kamenícek (1856-1930) mit ca. 1000 Bdn, Berthold Bretholz (1862-1936) und Josef Dosoudil (*1885), des Genealogen Josef Pilnácek (1883-1952) und des Kunstliebhabers Jan Tenora (1863-1956). Nennenswert sind auch die Sammlung politischer Literatur aus der Bibliothek der Zeitungsredaktion Lidové noviny [Volkszeitung] und die Sammlungen der juristischen Literatur aus verschiedenen Bezirks- und Kreisgerichten.

1.4 Neben zeitgenössischen Werken wurden vermehrt historische Drucke und Verwaltungsschriften gesammelt, beispielsweise aus den Bereichen Justiz, Wissenschaft und Geschichte. Die Bibliothek umfaßte im Jahre 1917 etwa 20.000 Bde Monographien und Zeitschriften. Im Laufe der Jahre wurden Archivbestände verschiedener Organisationen und auch von Einzelpersonen übernommen und inkorporiert, die für Historiker und Archivare besonders bedeutsam waren. Sie konnten jedoch nicht bearbeitet werden. Nach 1945 wuchsen die Bestände des Archivs stark an. In dieser Zeit kamen u. a. hinzu die Registraturen der Kreis- und Bezirksgerichte (1850-1897), die Schriften mährischer Statthaltereien (1881-1918), die Schriften der Landesverwaltung und des Standesamts (1919-1945), die Schriften des Landesschulrats (1874-1948), ein umfangreiches Archiv mit Katasterkarten, das Archiv der wirtschaftlichen Gesellschaft, das Archiv der Deutschen technischen Hochschule, die Sammlungen des Deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens (ca. 15.000 Bde), Nachlässe literarischer und politischer Persönlichkeiten sowie Akten aufgelöster Vereine und Klosterarchive. Zudem ergänzten literarische Dokumente die Bestände. Die ständigen Bestandserweiterungen machten um 1950 eine grundlegende Reorganisation der Bibliothek nötig. Hierbei wurde die frühere systematische Gliederung aufgegeben und die Bücher fortan nach Format und Numerus currens aufgestellt. Das Archiv wuchs zum zweitgrößten in der Tschechischen Republik an, und seine Bestände wurden durch einen umfangreichen Führer, hausinterne Inventare, Regesten und Kataloge erschlossen (s. u. 3.1-4).

1.5 Bestände zur Landwirtschaft und zum Forstwesen haben einen bedeutenden Anteil. Sie wurden nach 1945 gemeinsam mit den Besitzungen und Archiven des Adels und der Großgrundbesitzer konfisziert und dann inkorporiert. Zunächst wurden sie unter die Verwaltung des Staatlichen landwirtschaftlichen Archivs mit seinen regionalen Vertretungen gestellt. Nach der Regierungsverordnung über die Archive vom Mai 1945 sollte schrittweise ein regionales Netz tschechoslowakischer Archive aufgebaut werden. In sie wurden seit 1956 bestehende Landwirtschafts- und Forstarchive eingegliedert, wobei im Mährischen Landesarchiv in erster Linie Archive aus der südmährischen Region konzentriert wurden. Die land- und forstwirtschaftlichen Bestände sind in den Bänden 2 und 3 des Führers durch die Archivbestände des Staatsarchivs in Brünn beschrieben (s. u. 4).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Am Ende des Jahres 1997 umfaßte die Archivbibliothek insgesamt 122.067 Titel in etwa 80.000 Bdn, davon 9449 Bde im Folioformat und 65.228 Bde im Oktavformat. In der Handbibliothek des Lesesaals waren ca. 350 Bde aufgestellt. Die Bibliothek besitzt mehr als 120 Inkunabeln und 255 Postinkunabeln. Es ist unmöglich, den Anteil der Germanica genau festzustellen; er dürfte schätzungsweise 30 Prozent ausmachen. Die Archivalien aus dem Landesarchiv werden nicht beschrieben.

Sondersammlungen

Sammlung Alter Drucke und Inkunabeln

2.2 Ursprünglich waren die Alten Drucke in die Archivbibliothek eingereiht. In den dreißiger Jahren des 20. Jhs wurde beschlossen, alle vor 1700 gedruckten zu einer eigenen separaten Abteilung (Signatur G21) zusammenzufassen. Die Sammlung umfaßt 1115 Drucke aus den Jahren 1469 bis 1700, darunter mehr als 120 Inkunabeln und 255 Postinkunabeln aus den Jahren 1501 bis 1550. Bestände aus dem 18. Jh sind nicht eingeschlossen. Die ersten Alten Drucke wurden 1850 aus dem Nachlaß des Archivars Antonín Bocek (1802-1847) gekauft, unter ihnen waren 162 in deutscher Sprache. Der größte Zuwachs kam 1950 aus der ehemaligen Bibliothek des mährisch-schlesischen Landesgesetzes.

2.3 Aus der Zeit vor 1470 liegen zwei Inkunabeln vor, aus den siebziger Jahren des 15. Jhs 24, aus den achtziger Jahren 27 und aus den neunziger Jahren 67. Die ältesten erhaltenen Ausgaben sind die Werke von Cicero, gedruckt in Rom von Konrad Schweynheym und Arnold Pannartz um das Jahr 1468 (GW 6744) und 1469 (GW 6754). Die ältesten Drucke deutscher Provenienz sind Johannes Gersons De pollutione nocturna (Esslingen ca. 1473, GW 10815) und Alvarus Pelagius' De planctu ecclesiae (Ulm 1474), ein Geschenk des schwedischen Oberbibliothekars Gustaf Edvard Klemming (1823-1893), das zusammen mit einigen tschechischen Handschriften des Landeshistoriographen und Benediktiners im Kloster Rajhrad [Raigern], Beda Dudík (1818-1890), 1878 aus Schweden in das Archiv kam. Sie waren während des Dreißigjährigen Krieges verschleppt worden. Die Inkunabeln aus dem deutschsprachigen Gebiet stammen aus den Druckorten Leipzig (19 Titel), Nürnberg (17), Augsburg (5); Erfurt, Freiburg i. Br.; Mainz, Memmingen und Ulm (je 2); Esslingen, Ingolstadt und Köln (je einer) sowie aus Wien (7). In deutscher Sprache liegen 3 Werke vor: als seltenes medizinisches Werk der Gart der Gesundheit (Augsburg 1485) von Johannes von Cuba und zwei Exemplare von Hartmann Schedels Buch der Chroniken (Nürnberg: Anton Koberger 1493). Inkunabeln aus tschechischer Produktion liegen vor aus Prag (4, davon 3 Exemplare der tschechischen Bibel von 1488), Olomouc [Olmütz] (2), Plzen [Pilsen] und Vimperk [Winterberg] (je eine).

2.4 Inhaltlich haben bei den Inkunabeln theologische und neulateinische humanistische Werke den gleichen Anteil (je 40 Titel), gefolgt von Ausgaben lateinischer und griechischer Klassiker (16 Titel). Weiterhin sind vertreten Titel zur Medizin (8), zur Philosophie (7), zum Recht (4), zur Geschichte (3) sowie zu Mathematik und Astronomie (3).

2.5 Postinkunabeln aus den Jahren 1501 bis 1550 sind mit 255 Werken vertreten. Dabei handelt es sich größtenteils um tschechische nicht-katholische theologische Literatur. Ferner liegt ein Sammelband mit Schriften der Wiedertäufer vor, 1527 in Mikulov [Nikolsburg] gedruckt. Von den späteren Drucken sind von größerer Bedeutung Georg Agricolas Vom Bergwerck (Basel 1557) und eine umfangreiche Reihe juristischer Schriften aus dem 17. Jh von Autoren wie August Benedict (1644-1708), Benedict Carpzov (1595-1666) Johann Jacob von Weingarten und Samuel Strykius.

2.6 Zur Sammlung existieren ein alter und ein neuer Autorenkatalog (mit Aufschlüsselung der Konvolute), ein Katalog nach Orten sowie ein chronologisch geordneter Katalog. Für Werke ohne Angabe des Druckorts sind typographische Merkmale vermerkt. Bei den Inkunabeln werden Vollständigkeit und Typ des Einbands beschrieben. Die Sammlung gehört zu einer der umfangreichsten ihrer Art in Mähren.

Flugblattsammlung

2.7 Diese Sondersammlung umfaßt Flugblätter und Kleindrucke zu bestimmten Anlässen, so z. B. zu wichtigen politischen und militärischen Ereignissen, Naturkatastrophen und Verbrechen. Sie erschienen als Einzelnachrichten während des 16. und 17. Jhs und waren die Vorläufer der später regelmäßig herausgegebenen Zeitungen. Die 188 Drucke aus den Jahren 1534 bis 1643 bilden im Archiv eine Sondersammlung (Signatur G17). Es handelt sich vorwiegend um deutschsprachige Drucke mit inhaltlichen Schwerpunkten bei den böhmischen Ländern, dem Schmalkaldischen Krieg 1546, dem Augsburger Bekenntnis von 1530, dem Majestätsbrief von Rudolf II. aus dem Jahre 1609, der Erhebung der Stände bis zur Schlacht auf dem Weißen Berg und der Hinrichtung der böhmischen Herren 1621. Die Flugschriften aus dem Dreißigjährigen Krieg umfassen Nachrichten über Wallenstein und Tilly sowie über die Schlachten bei Halberstadt und Leipzig. Zu dieser Sammlung existiert ein Autorenkatalog.

Bibliothek des Landesamtes

2.8 Die Bibliothek des Landesamtes bildet eine selbständige Abteilung innerhalb des Mährischen Landesarchivs, die systematisch nach Sachgruppen aufgestellt ist. Das Landesamt tstand nach der Errichtung des selbständigen Tschechoslowakischen Staates 1918 und knüpfte an das frühere Verwaltungssystem aus der Zeit der Monarchie und an die Mährische Statthalterei an. Zum Amtsgebrauch wurde eine Bibliothek aufgebaut, die vorwiegend Verwaltungsliteratur und juristische Literatur seit dem 17. Jh beinhaltete, darunter Gesetzessammlungen für Land und Reich, Werke zu Recht, Politik, Verwaltung, Statistik und Finanzen, Schematismen u. a.

2.9 Insgesamt handelt es sich um ca. 10.000 Bde Monographien und Periodika, von denen einige Reihen aufgrund ihrer Vollständigkeit bemerkenswert sind, so die Gesetze und Verfassungen im Justizfache (Wien 1780-1918); die Provinzial-Gesetzessammlung zu Böhmen, Dalmatien, Kärnten und anderen Ländern der Monarchie im 19. Jh und die Landtagsbeschlüsse von Mähren (Brünn 1784-1922, Olmütz 1786-1923). Hier liegen zudem zahlreiche Kalender vor. Annähernd vollständig sind u. a. der Krackawer Schreib-Calender (Olmütz 1652-1712), der Brünner Titular-Calender (Brünn 1711-1855), der Prager Titular-Calender (Prag 1730-1851) und der Troppauer Titularkalender (Troppau 1774-1782). Hinzu kommen Kalender aus anderen Ländern der Monarchie aus dem 18. und 19. Jh. Militärschematismen des österreichischen Kaisertums liegen aus den Jahren 1828 bis 1913 vor. Ein gedruckter Katalog, der den Bestand bis zum 1. April 1925 verzeichnet, steht zur Verfügung; ergänzt wird er durch drei Zusätze aus den Jahren 1931, 1936 und 1939 (s. u. 3.3).

Schulprogramme

2.10 Diese Sondersammlung umfaßt ca. 9000 Stücke (in 339 Kartons) der Schulprogramme vom 18. Jh bis 1945. Jahresprogramme aus mährischen Schulen bilden ein Viertel der Sammlung, die anderen stammen aus einzelnen Gymnasien und Mittelschulen anderer Länder der Monarchie sowie aus Deutschland (bis 1918). Den Grundstock bilden aus dem Archivbestand des Landesschulrates ausgesonderte Programme. Dieser Rat war in den Jahren 1878 bis 1935 als Aufsichtsorgan für das Schulwesen tätig. Die Sammlung ist eine einzigartige Quelle zur Geschichte des böhmischen und deutschen Schulwesens in Mähren. Zu den Unikaten zählen insbesondere handschriftliche Jahresprogramme. Die Programme liegen in tschechischer und deutscher Sprache vor. Ein Katalog nach Orten und Schultypen verzeichnet die Bestände (s. u. 3.2).

Landtagsdrucke

2.11 In dieser 1947 geschaffenen Sammlung (Signatur A6) werden tschechische und deutsche Drucke der Landtagsartikel und -bestimmungen aus den Jahren 1544 bis 1848 zusammengefaßt. Die Sammlung ist allerdings nicht vollständig; fehlende Stücke finden sich in verschiedenen wissenschaftlichen und historischen Bibliotheken, beispielsweise in Prag, Brünn, Olmütz, in der Raudnitzer Lobkowicz'schen Bibliothek (heute in Nelahozeves [Mühlhausen a. d. Moldau]) und in der Strahover Bibliothek (s. Einträge dort). Heute umfaßt der Bestand 925 Stücke und ist im Knihopis ceských a slovenských tisk od doby nejstarší do r. 1800. Cást II/1 [Bibliographie der tschechischen und slowakischen Drucke seit der ältesten Zeit bis zum Jahr 1800. Teil II/1] (Prag 1939) verzeichnet. Dieser Bestand wird von einer ähnlichen Reihe der Bibliothek des Landesamtes komplettiert (s. o. 2.8), einige ältere Konvolute gedruckter Artikel werden in der Sammlung der Alten Drucke aufbewahrt (s. o. 2.2 ). Die Landtagsdrucke sind für das Studium der mährischen Geschichte vom 16. bis 19. Jh von großer Bedeutung, insbesondere als Ergänzung zu anderen Standesarchivalien.

Patente und Zirkulare

2.12 Diese Sammlung (Signatur G18-20) mit Amtsdrucken aus den Jahren 1619 bis 1873 von verschiedenen böhmischen und österreichischen Ämtern ist in drei Unterabteilungen gegliedert. Die erste (Signatur G18) umfaßt Patente und Zirkulare in chronologischer Folge nach Ausgaben geordnet (ca. 10.000 Stücke aus den Jahren 1619 bis 1867 in 122 umfangreichen Faszikeln). Von großem Wert sind drei Originalpatente mährischer Direktoren aus der Zeit der Erhebung, die als einzige hier erhalten geblieben sind. Die zweite umfaßt die Sammlung des Deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens in Brünn (Signatur G19) und wurde 1945 übernommen. Sie umfaßt 71 Kartons mit Drucken aus den Jahren 1641 bis 1861. Neben Patenten und Zirkularen finden sich hier einige Gelegenheitsdrucke, Flugschriften, Kundmachungen und Broschüren (zahlreiche aus dem Jahr 1848). Die dritte Abteilung bilden Patente aus dem Nachlaß des Historikers Christian d'Elvert aus den Jahren 1484 bis 1873 in 22 Kartons (Signatur G20). Gedruckte Verordnungen und Bestimmungen aus der theresianischen und der josephinischen Epoche haben einen großen Anteil. Sie sind Quellenmaterial für die Wirtschafts-, Kultur-, Sozial- und Verwaltungsgeschichte Mährens. Rar und deshalb wertvoll sind Steuer- und Zunftpatente, Verordnungen über die Verwaltungsreorganisation, verschiedene Instruktionen zur Landwirtschaft und Industrie sowie zum Gesundheits- und Militärwesen. Seit den achtziger Jahren des 18. Jhs publizierte das Gubernium in Brünn vierteljährlich gedruckte Verzeichnisse seiner Patente, Avertissements und Zirkulare, die bis heute als Register dienen.

Schloßbibliothek Brtnice

2.13 Die Kleinstadt Brtnice [Pirnitz] und das Renaissanceschloß fielen nach der Schlacht auf dem Weißen Berg im Jahre 1623 an Reichsgraf Ramboldo Collalto (1579-1630) und blieben über Jahrhunderte im Besitz dieses Adelsgeschlechts aus Italien. Das Archiv der Familie Collalto twickelte sich zu einem der umfangreichsten Großgrundbesitzerarchive im Land. Bis 1960 war es im Landwirtschafts- und Forstarchiv [Zemedelský a lesnický archiv] in Trebíc [Trebitsch] untergebracht, von dort kam es zusammen mit der Bibliothek in das Mährische Landesarchiv. Insgesamt handelt es sich um 499 Bde, davon zu ca. 70 Prozent italienische und lateinische Literatur aus dem 16. bis 18. Jh, ca. 10 Prozent deutsche Literatur aus dem 18. Jh und ca. 5 Prozent handschriftliche biographische Arbeiten über den Schloßadel. Die Bestände sind in einem Inventar verzeichnet (s. u. 3.2).

Schloßbibliothek Kunštát

2.14 Die Schloßherrschaft der Stadt Kunštát [Kundstadt] gehörte dem Grafengeschlecht Coudenhove-Honrichs, das 1788 aus Deutschland und Österreich nach Mähren kam. Im Jahre 1948 ging die Bibliothek an das Mährische Landesarchiv, blieb aber im Schloß aufgestellt, in dem das Mährische Landesarchiv seine Depositen hat. Sie umfaßt etwa 4500 Bde aus der Zeit vom 18. Jh bis zum Anfang des 20. Jhs und gliedert sich in die Gruppen Kunst (55 Bde), Philosophie (276 Bde), Biographie (424 Bde), Geschichte (291 Bde), Reisebeschreibungen (217 Bde), genealogische Almanache (110 Bde), Alte Drucke aus dem 17. Jh (3 Bde) und aus dem 18. Jh (40 Bde). Der Rest sind vorwiegend belletristische Werke. Deutsche Literatur macht etwa 60 Prozent aus, französische etwa 40 Prozent. Eine Auswahl von 1800 Bdn ist in einem systematischen Katalog verzeichnet (s. u. 3.1).

Schloßbibliothek Miroslav

2.15 Das Schloß auf dem Großgrundbesitz Miroslav wurde Mitte des 16. Jhs erbaut. Von 1692 befand es sich im Besitz des Prämonstratenserklosters in Znojmo-Louka [Bruck a. d. Thaya] bis zu seiner Aufhebung 1784, ab 1824 im Besitz der Adelsfamilie von Hopfen. Franz Xaver von Hopfen hatte sowohl einen Sitz im mährischen Landtag als auch im österreichischen Abgeordnetenhaus. Die inkorporierte Schloßbibliothek umfaßt 3050 Bde, von denen 635 Bde ausgewählt und bearbeitet wurden. Der Bestand liegt je zur Hälfte in deutscher und italienischer Sprache vor. Es finden sich 2 lateinische Inkunabeln deutscher Produktion, 9 Drucke aus dem 16. Jh, 16 Drucke aus dem 17. Jh und 55 Titel (in 77 Bdn) aus dem 18. Jh. Bei den Inkunabeln handelt es sich um Vincentius Bellovacensis, Speculum historiale. Pars 3 (Augsburg: Kloster St. Ulrich und Afra 1474) und Antoninus Florentinus, Chronicon. Pars 2 (Nürnberg: Anton Koberger 1484). Inhaltlich dominieren Werke zur Geschichte, Topographie, Geographie, Philosophie, Theologie und Kunst. Eine Auswahl ist in einem systematischen Katalog erfaßt.

Schloßbibliothek Moravský Krumlov

2.16 Die Herrschaft Moravský Krumlov [Mährisch Krumau] mit dem Renaissanceschloß in der Stadt wurde nach der Schlacht auf dem Weißen Berg konfisziert. 1625 wurde sie dann Graf Gundaker von Liechtenstein (*1586) zugesprochen und blieb im Besitz seiner Familie. Der letzte private Besitzer war seit 1920 Graf Rudolf Antonín Kinský bis zur Konfiskation im Jahre 1945. Die Schloßbibliothek umfaßt 5722 Bde, von denen ca. 50 Prozent in französischer Sprache vorliegen, 40 Prozent in deutscher und der Rest in italienischer Sprache sowie anderen Sprachen. Historische, geographische und topographische Literatur sind gut vertreten; katalogisiert sind jedoch nur ausgewählte Titel der historischen Literatur (1127 Bde). Zu den ältesten Titeln zählen Sebastian Münsters Cosmographey (Basel 1564), Sigmund Feyerabends Thurnier-Buch (Frankfurt 1578) und Matthäus Merians Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae (Frankfurt 1650). Aus späterer Zeit liegen 100 Exemplare des Gothaischen genealogischen Taschenbuchs vor.

Schloßbibliothek Zdounky

2.17 Letzter privater Besitzer des Schlosses in Zdounky [Zdaunek] war Hugo Friedrich Josef Graf von Strachwitz (*1900). Die Archivalien wurden zunächst 1950 im Landwirtschafts- und Forstarchiv in Bucovice [Butschowitz] gesammelt, dann ab 1963 im Mährischen Landesarchiv. Die Schloßbibliothek mit ihren 2942 Bdn wurde bereits 1950 dem Landesarchiv in Brünn übergeben und im Schloß Kunštát untergebracht. Vorwiegend handelt es sich um deutsche Werke aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs zu Geschichte und Kunst. Eine Auswahl von 642 Bdn wurde bearbeitet und in einem thematischen Katalog erfaßt.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[verzeichnet den Gesamtbestand der Monographien und Zeitschriften; nach PI]

Systematischer Katalog

[nach Sachgruppen]

Sachkatalog

[z. Z. in Bearbeitung; verzeichnet Neueingänge seit 1970 und einen Teil des früheren Bestandes]

Standortkatalog

[nach 3 Formatgruppen der Bestände geordnet]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Alphabetischer Katalog der Schloßbibliothek Brtnice

Alphabetischer Katalog der Schloßbibliothek Moravský Krumlov

Systematischer Katalog der Schloßbibliothek Miroslav

Systematischer Katalog der Schloßbibliothek Kunštát [verzeichnet eine Auswahl von 1800 Bdn]

Systematischer Katalog der Schloßbibliothek Zdounky

Katalog der Schulprogramme

[nach Orten und Schultypen geordnet]

[Alle Kataloge in Zettelform.]

Musilová, Milada: Soupis periodik knihovny Státního archivu v Brne [Verzeichnis der Periodika in der Bibliothek des Staatsarchivs in Brünn]. Brno 1957

Zu einigen Sondersammlungen liegen weitere besondere Verzeichnisse oder Kataloge für den Dienstgebrauch vor.

3.3 Historische Kataloge

Alphabetischer Catalog der Bibliothek des mährischen ständischen Landesarchivs. Abt. 1, Druckwerke. Brünn 1858

Hanácek, Karl: Katalog der Bibliothek des mährischen Landtages und Landes-Ausschusses. Brünn 1899

Seznam knih. Knihovna Zemské správy politické na Morave [Bücherverzeichnis. Bibliothek der politischen Landesverwaltung in Mähren]. Brno 1926-1939

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Bretholz, Berthold: Das Mährische Landesarchiv. Brünn 1908

Prvodce po Státním archivu v Brne [Führer durch das Staatsarchiv in Brünn]. Brno 1954 [zur Archivbibliothek S. 461-462]

Státní archiv v Brne. Prvodce po archivních fondech. Sv. 2-3 [Das Staatsarchiv in Brünn. Führer durch die Archivbestände. Bd 2-3]. Praha 1964-1966 [beschreibt auch die land- und forstwirtschaftlichen Bestände]

Kubícek, Jaromír: Archivní knihovny a úrední tisky [Archivbibliotheken und Amtsdrucke]. In: Archivní casopis [Archivzeitschrift] 14 (1964) S. 223-225; 15 (1965) S. 41-42

Kubícek, Jaromír: Vzájemný vztah mezi archivy a knihovnami. Príspevek k vymezení knihovního fondu [Wechselbeziehungen unter Archiven und Bibliotheken. Ein Beitrag zur Definition des Bibliotheksbestandes]. In: Knihovna. Vedecko-teoretický sbornik [Die Bibliothek. Wissenschaftlich-theoretischer Sammelband] 8 (1971) S. 79-88

140 let Státního oblastního archivu v Brne. Sborník statí [140 Jahre Staatliches Regionalarchiv in Brünn. Sammelband der Aufsätze]. Brno 1979

150 let Státního oblastního archivu v Brne. Sborník príspevk k historii ústavu [150 Jahre Staatliches Regionalarchiv in Brünn. Sammelband der Beiträge zur Geschichte des Instituts]. Brno 1989

Stand: Februar 1998

Jaromír Kubícek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.