FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin
Impressum
     Home > Deutschland > Sachsen L - Z > Radebeul
     Sachsen A - K

Karl-May-Bibliothek

Adresse. Karl-May-Museum, Karl-May-Str. 5, 01445 Radebeul [Karte]
Telefon. (0351) 8 30 27 23
Telefax. (0351) 8 30 99 18

Unterhaltsträger. Karl-May-Stiftung
Funktion. Ruhende Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Erd- und Völkerkunde, Sprachen, Geschichte und Politik, Religion, Philosophie, Psychologie, Kunst, Belletristik, Naturkunde. - Karl Mays Privatbibliothek wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Besichtigung im Rahmen von Führungen in der Karl-May-Villa. Einsichtnahme in die Bestände in Ausnahmefällen nach schriftlicher Voranmeldung und Zustimmung der Museumsleitung. - Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag (November bis Februar) 10-16 Uhr, (März bis Oktober) 9-18 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät (Kopieren der Bestände der Karl-May-Bücherei ist nicht erlaubt). Hinweise für anreisende Benutzer. Ab Dresden-Hauptbahnhof oder Bahnhof Dresden-Neustadt S-Bahn-Verbindung bis Radebeul-Ost. Straßenbahnverbindung (Linie 4) bis Haltestelle Schildenstraße. A 4 (E 40), Ausfahrt Dresden-Neustadt, Wilder Mann. Parkmöglichkeiten in der Nähe des Museums.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Karl May (1842-1912) trug seit Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit in den Jahrzehnten vor und nach der Jahrhundertwende eine umfangreiche Arbeitsbibliothek zusammen. In einer handschriftlichen Inventarliste wurden diese Quellen, nach Sachgebieten geordnet, von ihm penibel erfaßt. Der gut erschlossene Bestand ist für die Karl-May-Forschung von großer Bedeutung. Bestandsschwerpunkte bilden die z. T. seltenen geographischen, ethnographischen und philologischen Werke, die Karl May für seine Romane heranzog, da er die meisten der beschriebenen Länder nicht selbst bereist hatte. Ebenso fand die intensive Beschäftigung mit der zahlreich vorhandenen Literatur zu Religion, Philosophie und Okkultismus Niederschlag in seinen Schriften.

1.2 Da der Karl-May-Verlag seine Editionstätigkeit in der ehemaligen DDR nicht fortsetzen konnte, wurde er 1960 aus der 1913 gegründeten, nunmehr staatlich verwalteten Karl-May-Stiftung herausgelöst und siedelte nach Bamberg über. Der Verlag erwarb ferner das Inventar der Villa Shatterhand: Bibliothek, Arbeits- und Empfangszimmer mit wertvollen Originalkunstwerken von Sascha (Rudolf Karl Alexander) Schneider (1870-1927) und Selmar Werner (1863-1953). Der durch die Karl-May-Stiftung, den Freistaat Sachsen und die Stadt Radebeul finanzierte Rückkauf des Grundstücks der Villa Shatterhand ermöglichte 1994 die Rückführung des Nachlasses und der persönlichen Gegenstände des Schriftstellers einschließlich der ca. 2500 Bde umfassenden Arbeitsbibliothek nebst dem privaten Buchbesitz seiner zweiten Frau Klara, verw. Plöhn (1864-1944), an den Wohn- und Sterbeort Karl Mays.

1.3 Für die Quellenforschung zu Karl Mays Werken ist die Bibliothek auch insofern von Bedeutung, als Karl May viele Bücher mit Anstreichungen und Randbemerkungen versehen hat. Im Rahmen der von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger edierten historisch-kritischen Ausgabe der Werke ist ein eigener Band Karl Mays Bibliothek und ihre Annotationen vorgesehen. Ein Faksimile der handschriftlichen Inventarliste erschien anläßlich der Eröffnung der neuen Räume des Karl-May-Museums im März 1995 ( s. u. 3).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Grundlage der Bestandsbeschreibung ist der im Karl-May-Jahrbuch 1931 abgedruckte Katalog ( s. u. 3). Da es sich um die Arbeitsbibliothek des Schriftstellers handelt, sind die bis zu seinem Tode (1912) erschienenen und von ihm selbst erworbenen Titel einbezogen. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Der 1923 erarbeitete Katalog des Kernbestandes weist insgesamt 1626 Titel nach. Den Hauptanteil bilden die im 19. Jh erschienenen Werke (921). 19 Titel stammen aus dem 18. Jh, 2 aus dem 16. Jh. Bis einschließlich 1911 liegen weitere 412 Titel vor. 272 nicht datierte Titel dürften zumeist im 19. Jh oder in den ersten Jahren des 20. Jhs erschienen sein.

2.3 Mit 1579 Titeln überwiegt die deutsche Sprache; 29 Titel sind in Englisch, 9 in Französisch. In Holländisch liegen 2 Titel vor, in Ungarisch, Italienisch, Malaiisch, Arabisch, Türkisch, in maghrebinischer Schrift sowie in einer indianischen Sprache je einer. Systematische Übersicht

2.4 Die Beschreibung folgt im wesentlichen der durch den Katalog vorgegebenen Einteilung in 12 Hauptgruppen mit jeweils mehreren Untergruppen. Mit 376 Titeln (davon 6 aus dem 18. Jh, 272 aus dem 19. Jh) bilden Erd- und Völkerkunde die umfangreichste Gruppe. Neben einigen Atlanten, schulgeographischen Werken, einzelnen Jahrgängen von Zeitschriften und Jahrbüchern finden sich überwiegend Reisebeschreibungen, Entdeckungsschilderungen und Reiseführer.

2.5 Den europäischen Raum behandeln 53 Titel. Weitaus zahlreicher (153 Titel) ist Literatur zum Orient insbesondere zu Kleinasien (33), Persien (15) und Arabien (11) vertreten, darunter als ältestes Werk Carsten Niebuhrs Beschreibung von Arabien (Kopenhagen 1772); 12 Titel beschreiben die indischen Staaten. Nord- und Zentralasien betreffen 7 Veröffentlichungen, China und Japan 43, u. a. auch zur chinesischen Geschichte und Philosophie. Im Bestand zu Afrika entfallen 32 Titel auf Ägypten und die Nilländer, je 12 auf Nordafrika sowie Mittel- und Südafrika. Christian Hertzogs Mumiographia medica oder Bericht von Egyptischen Mumien (Gotha 1716) wurde für Herzog Friedrich II. zu Sachsen-Gotha (1676-1732) verfaßt. Die Literatur über Amerika, vor allem Nordamerika, umfaßt 72 Titel. Neben Reiseberichten und topographischen Darstellungen sind volkskundliche Schriften, insbesondere über die Indianer, vorhanden. Sämtliche englische Titel aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jhs von Roland Burrage Dixon (1875-1934; 3 Titel), Alfred Louis Kroeber (1876-1960; 3), Clark Willer (1870-1947; 5) haben die Kultur und Ethnologie der Indianer zum Inhalt. Von Ernst von Hesse-Wartegg (1851-1918) liegen außer 2 Titeln über Korea, China und Japan noch 6 Beschreibungen über Kalifornien und Nordamerika vor; 5 weitere Darstellungen dieser Länder stammen von Robert Schlaginweit (1833-1885).

2.6 Das Fach Sprachen umfaßt 172 Titel (2 aus dem 18. Jh, 128 aus dem 19. Jh). Etwa 50 Prozent davon machen Lehrbücher, Sprachführer, Lexika und Grammatiken der orientalischen einschließlich der ostasiatischen - und der afrikanischen Sprachen aus, wobei Arabisch (22 Titel), Türkisch (10) und Persisch Schwerpunkte bilden. Aus dem 18. Jh stammen Johann David Michaelis' Arabische Grammatik (Göttingen 1771) und Wilhelm Friedrich Hezels Syrische Sprachlehre (Lemgo 1788). Zu den europäischen Sprachen (einschließlich Altphilologie) besaß Karl May 65 Titel. Neben Englisch (17), den romanischen Sprachen (28), dem Altgriechischen (einer) und Latein (5) beschäftigte er sich auch mit Russisch (4), Ungarisch (3), Bösch/Tschechisch (2), Serbisch (einer) und der Sprache der transsilvanischen Zigeuner. 12 Titel sind zu den indianischen Sprachen vorhanden, darunter eine zusammenfassende Darstellung von zwölf Sprachen aus dem Südwesten Nordamerikas (Weimar 1876) von Albert Gatschet.

2.7 Die Gruppe Geschichte und Politik (102 Titel; einer des 18. Jhs, 50 des 19. Jhs) erfuhr in den ersten Jahren des 20. Jhs eine Erweiterung um 40 Prozent im Bereich der sozialen Themen sowie der Friedens- und Kolonialfragen. Im Fach Urzeit und Altertum (33 Titel) stehen die babylonisch-assyrische Urgeschichte und Kultur im Vordergrund (12 Titel). Den Bestand zur deutschen und neueren Geschichte (38 Titel) bilden vorrangig Werke zur preußischen Geschichte und zur allgemeinen Geschichte des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jhs. Die kleine Gruppe Rechtswesen (37 Titel) enthält überwiegend Texte und Gesamtausgaben der in Sachsen und im Deutschen Reich geltenden Verordnungen und Gesetze, u. a. zum Urheber- und Verlagsrecht (7 Titel) und Erbrecht (3 Titel).

2.8 Zur Religion wurden 120 Titel gesammelt, darunter 6 des 18. Jhs und 51 des 19. Jhs. Der Bestand an allgemeinen Werken zur Religion und Religionsphilosophie erfuhr Anfang des 20. Jhs eine Erweiterung durch Titel über Christian Science und über den Islam, darunter 5 Titel von Muhammed Adil (Schmitz du Moulin). Im Bereich " Religion der Naturvölker und des Orients" (24 Titel) finden sich 10 Titel über orientalische Religionen. Der Koran liegt als Teilstück in maghrebinischer Schrift ( o. O. o. J.) und in 2 Übersetzungen (Halle 1775, Bielefeld 1877) vor. 30 Titel gelten dem Christentum und seiner Entstehung. Elf der 21 Titel zum Katholizismus behandeln den Reformkatholizismus des ausgehenden 19. Jhs. Das Missionswesen betreffen 8 Titel.

2.9 Das Fach Philosophie (69 Titel) enthält 10 Titel von und über Friedrich Nietzsche (1844-1900), ferner Schriften über Materialismus, Naturphilosophie etc. vom Ende des 19. Jhs. Vertreten sind Ludwig Büchner (1824-1899; 3 Titel), Gustav Theodor Fechner (1801-1887), Ernst Haeckel (1834-1919) und Jacob Heinrich Scck (1824-1905; 3 Titel). Der älteste Druck ist die Offenbarung der Natur und natürlichen Dingen, auch mancherley wunderbarlichen und subtilen Würckungen (Basel 1591) von Hieronymus Cardanus (1501-1576).

2.10 Zur Psychologie sind 5 Titel des 19. Jhs und 10 vom Anfang des 20. Jhs vorhanden. Die Werke zur Pädagogik (10 Titel) stammen überwiegend aus dem 20. Jh. Die Gruppe Geheimlehre (123 Titel; einer des 18. Jhs, 51 des 19. Jhs, 55 vom Anfang des 20. Jhs) setzt sich aus Literatur zum Animismus und Spiritualismus, zur Magie, Xenologie und zur Wiedergeburt zusammen. Das früheste Werk ist Emanuel von Swedenborgs (1688-1772) Tractat von der Verbindung der Seele mit dem Körper (Frankfurt 1776).

2.11 Die Gruppe Kunst umfaßt 68 Titel, darunter allgemeine Darstellungen (14), Werke zur bildenden Kunst (35) und zur Musik (19). Vorhanden sind 20 Titel der Reihe Künstler-Monographien aus dem Verlag Velhagen und Klasing, Darstellungen der Kunstgeschichte sowie 3 Schriften über Werke Max Klingers (1857-1920). Notendrucke und Werke zur musica practica stammen aus der Mitte des 19. Jhs, aus späterer Zeit datieren Nachschlagewerke und musiktheoretische Betrachtungen.

2.12 Zur Literaturwissenschaft liegen 100 Titel vor. Diese verteilen sich auf Dramatik und Theaterwissenschaft des 19. Jhs (19 Titel), Streitschriften zur zeitgenössischen deutschen Literatur (19), einzelne Jahrgänge literarischer Zeitschriften, literaturgeschichtliche Werke insbesondere zur deutschen Klassik und zur nachklassischen Periode. Zur antiken Literatur gibt es 2 Titel, zur englischen 8 (vorrangig zu Shakespeare) und zu Literaturen der übrigen europäischen Völker 5.

2.13 Die Gruppe Schöne Literatur umfaßt 286 Titel (18. Jh 2, 19. Jh 107, Anfang des 20. Jhs 65 sowie 112 o. J.). Neben literarischen Zeitschriften und Kalendern, Lieder- und Lyriksammlungen ( z. B. Echtermeyer, Halle 1866, Kleines Kommersbuch, Leipzig 1897) ist auch die Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens (Stuttgart 1877) vorhanden. Karl May besaß Gesamtausgaben und Einzelwerke deutscher und ausländischer Klassiker, aber auch zeitgenössischer Autoren wie Richard Wagner und Fritz Reuter (1810-1874). Das Fach Neuere deutsche Literatur weist 137 Titel unterschiedlicher Genres von zumeist heute wenig bekannten Schriftstellern des 19. Jhs auf, die nur selten als Vorbilder für die Abenteuerliteratur in Betracht kamen. Überwiegend in deutscher Übersetzung liegen 22 französische Romane und Novellen vor, wobei der Katalog 8 Titel von Emile Zola und 6 von Alphonse Daudet verzeichnet. Am häufigsten vertreten sind englische Schriftsteller (63 Titel, davon 21 originalsprachig), z. B. Marie Corelli (Mary Mackay 1855-1924; 7 Titel), Charles Dickens (6 Titel), Henry Rider Haggard (1856-1925; 4 Titel) sowie George Eliot (Mary Anne Evans, 1819-1880), Julia Kavanagh (1824-1877) und William Makepeace Thackeray (1811-1863) mit je 3 Titeln. In Übersetzungen sind auch Werke der griechischen und römischen Antike, der italienischen, arabischen und russischen Literatur (insgesamt 16 Titel) vorhanden.

2.14 Die Gruppe Naturkunde enthält einige entwicklungsgeschichtliche Werke sowie eine Reihe von Schriften zur Pharmazie und zur Photographie. 32 Titel verteilen sich auf Gesundheitsschutz, Tropenmedizin, Neurologie und andere Bereiche der Humanmedizin. Unter den Werken zur Pflanzenkunde befindet sich Pietro Andrea Mattiolis Kreutterbuch (Frankfurt 1600). 13 Titel betreffen die Tierkunde, einer den Tierschutz. Mehrere Titel zu Reitkunst, Jagd und Zauberei enthält die Gruppe " Sport und Verschiedenes" (33 Titel).

2.15 Unter " Zeitschriften, Sammel- und Nachschlagewerke" (37 Titel) sind 8 Konversationslexika des 19. Jhs (Binzer & Pierer, Brockhaus, Meyer u. a.), Wörterbücher der deutschen Sprache, Fach- und Fremdwörterbücher (eines aus dem 18. Jh), Reimlexika, biographische und genealogische Nachschlagewerke sowie Kalender eingeordnet. Das Magazin für die Literatur des Auslandes (Berlin 1832-1848) liegt vollständig vor.

3. KATALOGE

Kandolf, Franz; Stütz, Albert: Karl Mays Bücherei. Aufgezeichnet ... Nachgeprüft u. ergänzt von Max Baumann. In: Karl-May-Jahrbuch 10 (1931) S. 212-291 [Systematischer Katalog]

May, Karl: Katalog der Bibliothek. Faks. Hs. Bamberg 1995 [limitierte Aufl.]

dass.: Bargfeld 1995

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Kandolf, Franz: Spuk in der Villa Shatterhand. In: Karl-May-Jahrbuch 12 (1929) S. 437-460

Stand: März 1995

Waltraut Guth

Birgit Schaefer


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.