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Eesti Ajalooarhiivi Raamatukogu

Bibliothek des Estnischen Historischen Archivs


Adresse. Liivi 4, 50409 Tartu
Telefon. (07) 42 13 37
Telefax. (07) 42 14 82
e-mail. [rmtkogu@eha.ee]
Bibliothekssigel. <EAAR>

Unterhaltsträger. Eesti Riigikantselei [Estnische Staatskanzlei]
Funktion. Wissenschaftliche Universalbibliothek für Archivare und Forscher.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: universal, mit Ausnahme moderner Literatur. - 2. Besondere Sammelgebiete: Geschichte des Baltikums (einschließlich der ehemaligen russischen Provinzen Estland, Livland, Kurland) und der skandinavischen und europäischen Länder; Literatur zum Archivwesen; deutschbaltische genealogische Literatur.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung innerhalb des Archivgebäudes möglich. - Öffnungszeiten: Lesesaal und Kataloge: Montag bis Freitag 9-19 Uhr; im Juli geschlossen. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte, Mikrofilmgeräte (für neuere Literatur), Mikrofilm- und Mikrofiche-Lesegerät, Fotowerkstatt.
Gedruckte Informationen. Central'nyj Gosudarstvennyj Istoriceskij Archiv Estonskoj SSR. Putevoditel' [Zentrales Staatliches Historisches Archiv der Estnischen SSR. Führer]. Moskau und Tartu 1969. - Eesti NSV Riiklik Ajaloo Keskarhiiv [Das Staatliche Historische Zentralarchiv der Estnischen SSR]. Tartu 1987 [Faltprospekt in Estnisch, Deutsch, Russisch]. - Eesti NSV teaduslikud ja eriraamatukogud: Teatmik [Wissenschafts- und Fachbibliotheken der Estnischen SSR. Nachschlagewerk]. Tallinn 1981, S. 118-119.
Hinweise für anreisende Benutzer. Eine schriftliche Benutzererlaubnis wird vor Ort ausgestellt. - Vom Bahnhof Fußwegnähe (ca. 10 Minuten); vom Flugplatz Busverbindung (Linien 12, 19a) bis Haltestelle Kesklinn, von dort Fußwegnähe (ca. 15 Minuten). - Parkmöglichkeiten in der Nähe der Bibliothek.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek wurde im Jahre 1922 beim damaligen Estnischen Staatlichen Zentralarchiv [Eesti Riigi Keskarhiiv; gegr. 1921] als Handbibliothek gegründet. Den Kern der Sammlung bildeten 7500 Bde aus der Bibliothek der Estländischen Ritterschaft (s. u. 1.3 -1.6), in der Quellen zur Geschichte Estlands gesammelt wurden und die heute noch anhand des Materials im Archiv der Estländischen Ritterschaft identifizierbar ist. Im 19. Jh hatte die Bibliothek der Estländischen Ritterschaft die Funktion eines Zensurarchivs, d. h. in ihr wurden Werke gesammelt, die von der zaristischen Zensur nicht für den allgemeinen Gebrauch freigegeben wurden. Auch Verzeichnisse verbotener und erlaubter Werke waren in der Bibliothek vorhanden. Das Ritterschaftsarchiv wurde im Jahre 1923 in das Estnische Staatliche Zentralarchiv überführt. In den Jahren nach 1923 wuchs der Bestand der Bibliothek sowohl durch die Inkorporation von Amts-, Anstalts-, Schul- und Kirchenbibliotheken als auch durch Ankauf und Austausch. Im Jahre 1932 umfaßte der Bestand ca. 20.000 Bde aus dem 16. bis 20. Jh in verschiedenen Sprachen und enthielt vor allem baltische historische Literatur und archivwissenschaftliche Werke.

1.2 Zu den Sondersammlungen, die bis zum Zweiten Weltkrieg gegründet wurden, gehören neben der Ritterschaftsbibliothek eine Sammlung estnischer historischer Literatur und Werke zum Archivwesen, Bestände aus Amts- und Anstaltsbibliotheken sowie Dissertationen und Universitätsschriften. In dieser Zeit erwarb die Bibliothek in größerem Umfang Bestände u. a. aus den Hausbibliotheken der deutschbaltischen Familien von Berg, Maydell, von Middendorff, von Oettingen, Seidlitz, von Ungern-Sternberg (s. u. 2.10). Da die Baltendeutschen aufgrund ihrer führenden Rolle in der Geschichte Estlands umfangreiches Schrifttum zu Estland in ihrem Besitz hatten, wurde nach Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes, in dem die Umsiedlung der deutschen Volksgruppe Estlands vereinbart worden war, auf der Grundlage des estnischen Archivgesetzes eine Kommission eingesetzt, die die Ausfuhr Estland betreffenden Schrifttums verhindern sollte. Durch Kontrollgänge von Gut zu Gut, durch Überprüfung städtischer Privatbibliotheken und durch die Arbeit eines deutsch-estnischen Ausschusses konnten in den Privatbibliotheken auf diese Weise vor allem Baltica und Literatur des 18. und 19. Jhs gesichert und in den Bestand der Archivbibliothek inkorporiert werden (ca. 3000 Bde). So wurden in den Kriegsjahren und danach Bibliotheken, die sich über mehr als zwei Jahrhunderte entwickelt hatten, auseinandergerissen; teilweise gingen die Sammlungen - zerstört von den Besitzern oder während der Besatzung durch die Rote Armee - unwiederbringlich verloren. Im Jahre 1945 wurde ein Teil dieser deutschbaltischen Sammlungen der Bibliothek zur sogenannten Baltischen Bücherei zusammengefaßt, anschließend nochmals umgruppiert und in zwei neue fremdsprachige Sammlungen inkorporiert. Aus diesem Grund läßt sich der erworbene Bestand mit Ausnahme der katalogisierten Bibliothek Ungern-Sternberg (s. u. 2.10, Katalog 3.3) nicht mehr exakt identifizieren.

1.3 Die Sammlung der ehemaligen Estländischen Ritterschaft bildet einen Schwerpunkt älterer deutscher Literatur in der Bibliothek. Sie läßt sich als Handbibliothek bis zur offiziellen Proklamation der Estländischen Ritterschaft als selbständige Institution im Jahre 1745 zurückverfolgen und entstand im gleichen Jahr bei der Gründung der Matrikelkommission der Estländischen Ritterschaft. Die Bibliothek befand sich im unteren Saal des Ritterschaftshauses in Tallinn [Reval]. Ihre Grundlage bilden überwiegend durch Ankauf erworbene genealogische, historische und juristische Schriften sowie Periodika und Nachschlagewerke, die im weitesten Sinne als Baltica bezeichnet werden können. Der Archivar des Estländischen Ritterschaftsarchivs war gleichzeitig auch Bibliothekar. Das Amt bekleideten u. a. die bekannten deutschbaltischen Historiker Moritz von Wrangell (1781-1842), Ludwig von Toll (1781-1841), Carl Friedrich Wilhelm Russwurm (1812-1883), Paul von Osten-Sacken (1880-1934), Günther Zöge von Mannteuffel (1850-1923), Harald von Toll (1848-1909) und Georg von Wrangell (1866-1927). Nach den Bestimmungen über die Benutzung des Estländischen Ritterschaftlichen Archivs (Reval 1910) war jeder Benutzer verpflichtet, dem Archiv ein Exemplar von Veröffentlichungen zu überlassen, die auf Material des Archivs beruhten.

1.4 Im Jahre 1911 erhielt die Bibliothek der Estländischen Ritterschaft von der Gräfin Sophie von Rüdiger, geb. von Krusenstern, als Geschenk den handschriftlichen Nachlaß, die Bibliothek und die Bildersammlung ihres Großvaters, des Weltumseglers Adam Johann von Krusenstern (1770-1846). Die Integration der ca. 5000 Bde umfassenden Bibliothek erfolgte unter der Leitung des Ritterschaftshauptmanns Baron Eduard von Dellingshausen-Kattentack.

1.5 Die notwendige Neuordnung und Katalogisierung der Bestände von jetzt insgesamt ca. 8000 Bdn in der Ritterschaftsbibliothek zog sich über mehrere Jahre hin. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden die Arbeit an der Systematisierung und der Ausbau der Bibliothek erschwert. Am 4. November 1915 wurden auf Befehl des russischen Zaren 15 Kisten mit ca. 3200 Titeln in deutscher, russischer, französischer u. a. Sprachen sowie 30 Portraits aus Admiral von Krusensterns Sammlung als Geschenk der Estländischen Ritterschaft ins Marineministerium nach St. Petersburg gebracht. Erst im Jahre 1936 kehrten diese wertvollen Bestände nach Estland zurück. Diesmal erwarb sie die Estländische Literärische Gesellschaft [Eestimaa Kirjanduse Ühing; gegr. 1842], die sich die Sammlung, Erforschung und Verbreitung von Material zur deutschbaltischen Geschichte, Kunst und Literatur zur Aufgabe gemacht hatte.

1.6 Nachdem die erste Regierung der selbständigen Republik Estland am 9. Juni 1920 die Aufhebung der Estländischen Ritterschaft verfügt hatte, wurden das Archiv und die Bibliothek mit etwa 7500 Bdn vorwiegend deutschsprachiger Literatur dem Estnischen Bildungsministerium übergeben. Als dem Bildungsministerium unterstellte Institution erhielt das neugegründete Staatliche Zentralarchiv schließlich 1923 das Ritterschaftsarchiv und die Bibliothek, die von Reval nach Dorpat überführt wurden. Dem Bericht über die estländische Ritterschaftsbibliothek von Baron Georg von Wrangell zufolge betrug ihr damaliger Bestand 2661 Titel.

1.7 Als Estland 1940 zu einer Republik der Sowjetunion wurde, erweiterten sich die Aufgaben der Archivbibliothek. Neben der Dokumentation der Tätigkeit ehemals estnischer Institutionen (u. a. Gerichte, Behörden, Finanzämter) umfaßten sie auch die Beschreibung und Katalogisierung konfiszierter Amts-, Schul-, Kirchen- und Gesellschaftsbibliotheken, die während des Zweiten Weltkriegs nicht bearbeitet werden konnten. Die zwischen 1941 und 1944 in die Bibliothek inkorporierten modernen deutschen politischen und populärwissenschaftlichen Publikationen wurden während der sowjetischen Zeit - zusammen mit estnischen sowie russischen Werken der Emigration - als Sonderbestand unter Verschluß gehalten.

1.8 Seit 1975 widmet sich die Bibliothek dem Aufbau sprachlich, chronologisch oder fachlich bestimmter Spezialsammlungen. Dies betrifft Literatur bis 1944 und schließt Karten, Pläne, Noten u. a. ein. Gleichzeitig wurde der Bestand sowohl durch Ankauf und Schenkungen moderner historischer Werke als auch durch vielsprachige Privatsammlungen komplettiert. Dazu kommen die Bibliothek der ehemaligen Leiterin der Archivbibliothek, Aino Martin (1911-1984), mit ca. 2000 Bdn (303 deutschsprachige) und die Fachbibliothek zur Nüchternheitsbewegung des Vorsitzenden der Estnischen Nüchternheitsgesellschaft, Eduard Kubjas (1896-1983). Heute dient die Archivbibliothek vor allem der Erforschung der Geschichte Estlands sowie des gesamten Baltikums und der Nachbarländer.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Bestand der Archivbibliothek umfaßt etwa 200.000 Einheiten: Bücher, Gelegenheitsschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Karten, Musikdrucke u. a. Die vor 1900 erschienenen Drucke machen ca. 60 Prozent aus. In europäischen Sprachen sind 45 Prozent, in estnischer Sprache knapp 30 Prozent, in russischer Sprache 25 Prozent und in anderen Sprachen weniger als ein Prozent. Der katalogisierte Bestand Alter Drucke (bis 1800) umfaßt ca. 1400 Titel. Davon tfallen 38 auf das 16. Jh, 104 auf das 17. Jh und 1258 auf das 18. Jh. Eine Zählung der Drucke des 19. Jhs ist noch nicht erfolgt.

2.2 Das Schrifttum des 16. Jhs ist überwiegend deutschsprachig. Von den insgesamt 38 Titeln sind 27 deutscher Provenienz (71 Prozent, zwischen 1549 und 1598 gedruckt). Sie stammen aus Danzig, Eisleben, Frankfurt a. M., Hamburg, Heidelberg, Leipzig, Magdeburg, Mainz, Marburg, Nördlingen, Rostock und Tübingen. Im 17. Jh erhöhen besonders die politischen Flugschriften die Zahl deutschsprachiger Titel. Von den 63 deutschsprachigen Titeln (60 Prozent, zwischen 1608 und 1699 gedruckt) sind 58 deutscher Provenienz. Druckorte sind Braunsberg, Braunschweig, Chemnitz, Danzig, Dresden, Erfurt, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Leipzig, Lübeck, Nürnberg, Rostock, Wismar und Wittenberg. Auf das 18. Jh entfallen 504 deutschsprachige Titel (40 Prozent), davon wurden 274 in Deutschland gedruckt. Unter den Drucken des 19. Jhs überwiegt wieder die deutschsprachige Literatur; sie stammt aus dem Baltikum und aus Deutschland.

Systematische Übersicht

2.3 Die Beschreibung des Bestandes stützt sich auf die handschriftlichen Inventarbücher der einzelnen Bestandsgruppen. Die Bestandsgruppen mit den Signaturen A, B, C und D umfassen den Teil der alten Bibliothek, den die historisch gewachsenen Altbestände bilden.

2.4 Die Abteilung A, die aus der Bibliothek der Estländischen Ritterschaft besteht, umfaßt 5595 Bde, davon 3591 Bde in deutscher Sprache; 1154 sind in Deutschland gedruckt. Das älteste deutsche Buch ist Aller des heiligen Römischen Reichs Ordnungen (Mainz 1566). Nennenswert sind zudem deutsche Periodika, die z. T. schon vor 1900 erschienen sind und der Bibliothek des Estländischen Ritterschaftsarchivs gehörten, darunter Der Deutsche Herold (Berlin 1885-1913, 1928, 1930), Hansische Geschichtsblätter (Leipzig 1871-1877, 1880-1881), Dörptsche Jahrbücher für Literatur, Statistik und Kunst (Leipzig 1833-1836), sowie einige historische Abhandlungen aus der Zeit bis 1914.

2.5 Der Bestand der Ritterschaftsbibliothek ist systematisch in 15 Gruppen gegliedert. Die erste Gruppe (I) umfaßt Sammelwerke zahlreicher Verfasser und vermischte Schriften zur Geschichte der Ostseeprovinzen Rußlands. Hinzu kommen Bibliographien, Quellen, Urkunden und Chroniken (insgesamt 1459 Bde). In den weiteren Gruppen finden sich Titel zur Familiengeschichte, Genealogie, Heraldik und Biographien (II; 466 Bde); Statistische Materialien, Volkszählungen, Ritterschafts-Abhandlungen und Protokolle (III; 1003 Bde). Im Bereich der Rechtsgeschichte, der Juristischen Abhandlungen und Rechtsquellen (IV; 1650 Bde) sind bemerkenswert ein Wahrhaftiger und beständiger Bericht, wie es bißhero und zu heutiger Stunde, in Religionssachen im Fürstenthum Curland und Semigaln, in Lieffland, istt gehalten worden... (Rostock: Ferber 1587) sowie August Wilhelm Hupels Nordische Miscellaneen (Riga 1781-1791) und Neue nordische Miscellaneen (Riga 1792-1798). Weitere Gruppen bilden Werke zum Medizinal- und Sanitätswesen (V; 42 Bde) sowie Baltische Zeitungen, Zeitschriften, Kalender und Adreßbücher (VI; 628 Bde). Hinzu kommen Theologie, Kirchengeschichte, Religiöses Leben, Predigten (VII; 46 Bde); Anthropologie, Geographie, Ortskunde, Reisen (VIII; 126 Bde); Nachschlagewerke, Pläne und Karten (IX; 28 Bde); Memoiren und Schöne Literatur (X; 65 Bde); Schriften von Wissenschaftlern und Literaten aus dem Baltikum (XI; 11 Bde); Bildungs-, Schul- und Hochschulwesen sowie Geschichte (XII; 200 Bde); Kulturgeschichte (XIII; 42 Bde); Kunst- und Architekturgeschichte (XIV; 17 Bde); schließlich Varia und Curiosa (XV; 1733 Bde). Die letzte Abteilung enthält auch Bestände anderer Institutionen als der Ritterschaftsbibliothek. Die Drucke wurden ohne Berücksichtigung ihrer sprachlichen Zugehörigkeit in die Unterabteilungen eingegliedert; estnischsprachiges Schrifttum fehlt. Die umfangreiche Sammlung baltischer deutschsprachiger Periodika umfaßt Das Inland (Dorpat 1836-1863), Revalische Wöchentliche Nachrichten (1784, 1786, 1788-1794, 1796-1845, 1848-1852), die Dörptsche Zeitung (1793-1874), die Baltische Monatsschrift (Riga 1859-1882, 1898-1914, 1927-1934; Reval 1883-1897, 1914-1915), die Beiträge zur Kunde Est-, Liv- und Kurlands (Reval 1873, 1874, 1887, 1894, 1900-1915), die Livländische Lesebibliothek (Dorpat 1796), den Illustrierten Revalischen Almanach (Reval 1855-1860) und die einzige erschienene Ausgabe der Provinzialblätter an das lief- und ehstländische Publikum (1786).

2.6 Einen wertvollen Bestand für die Erforschung baltischer Familiengeschichte bilden Flugschriften (Konvolute mit den Signaturen A II 216, 217). Der Komplex umfaßt heute 265 Stücke zwischen 1591 und 1781, vornehmlich Leichenpredigten, Trauer- und Gratulationsschriften, die meist in Reval erschienen. Etwa 10 Prozent dieses Bestandes stammen aus Deutschland (vor allem ältere Drucke).

2.7 Die Abteilung B setzt sich aus Rara, Baltica, Werken zur Geschichte, Nachschlagewerken sowie Literatur zu Justiz und Archivwesen zusammen. Deutschsprachig sind 1848 der 5655 Bde, darunter 287 vor 1900 in Deutschland erschienene. Der älteste deutsche Titel ist Die europäische Fama (Bde 37-46, Leipzig und Halle 1705-1706). Die meisten deutschsprachigen Werke sind indes einheimischer Provenienz und wurden zwischen 1767 und 1943 in Riga, Reval, Dorpat, Jelgava [Mitau], Pärnu [Pernau], Kuressaare [Arensburg] und Viljandi [Fellin] gedruckt. Den Schwerpunkt bilden Werke zur Geschichte des Baltikums. Es finden sich aber auch vor 1900 erschienene deutsche Reihenpublikationen zur Geschichte europäischer Länder, so u. a. die Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen (204 Teile, Berlin 1878-1894), und Quelleneditionen wie August Ludwig von Schlözers Ausgabe von Nestors Russischen Annalen (Göttingen 1802-1805). Unter den Periodika der Gruppe sind die Abhandlungen der Freyen Oekonomischen Gesellschaft in St. Petersburg (St. Petersburg, Riga und Leipzig 1761-1775), die Beiträge zur genauern Kenntniss der ehstnischen Sprache (Pernau 1813-1822), die Verhandlungen der gelehrten estnischen Gesellschaft zu Dorpat (Leipzig 1846, Dorpat 1851-1929, Tartu 1932-1940), die Jahresberichte der Felliner litterarischen Gesellschaft (Dorpat und Fellin 1890-1912), die Mitteilungen der Kaiserlichen Preussischen Archivverwaltung (Leipzig 1900-1912), die Mitteilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands (Riga 1908-1930) und die Zeitschrift für Osteuropäische Geschichte (Berlin 1911-1934, Berlin und Königsberg 1939).

2.8 Die Abteilung Varia (C) enthält 6275 Bde aus der Zeit von 1763 bis 1936. Darunter sind Gesetzestexte und rechtswissenschaftliche Publikationen des Russischen Reiches, Statuten, Reglements, Instruktionen, Protokolle sowie Berichte von Institutionen und Vereinen, Rundschreiben, Verträge, Kalender, Adreßbücher usw., die überwiegend in russischer und estnischer Sprache vorliegen. Etwa 600 Titel in deutscher Sprache stammen hauptsächlich aus Riga, St. Petersburg, Dorpat, Reval und Liepaja [Libau] und wurden zwischen 1830 und 1918 gedruckt. Der Bestand enthält auch politische und historische Werke aus Anstalts- und Schulbibliotheken. Das Kleinschrifttum ist systematisch in Mappen geordnet. Die ältesten deutschen Titel sind Carl Friedrich Becker, Die Weltgeschichte, für Kinder und Kinderlehrer (Berlin 1804-1809) und Johann Adam Erdmann Schmidt, Neuestes russisch-deutsches und deutsch-russisches Taschenwörterbuch (Leipzig 1815).

2.9 Unter den Dissertationen und deutschbaltischen Hochschulschriften (Abteilung D; 3722 Bde) dominieren die ca. 1500 medizinischen, philosophischen und rechtswissenschaftlichen Dissertationen der Dorpater Universität in lateinischer (1802-1890), deutscher (1817, 1828, 1843-1890) und - in Einzelfällen - in russischer Sprache. Ein großer Teil des Bestandes entfällt auf Festreden, Statuten, Vorschriften, Lehrpläne, Programme, Verzeichnisse des Personalbestandes, Jubiläumsschriften sowie Publikationen zur Universitätsgeschichte und zur Studentenschaft. Beispiele deutscher Schriften vor 1900 sind Leopold Schröders Werk Über die formelle Unterscheidung der Redetheile im Griechischen und Lateinischen mit besonderer Berücksichtigung der Nominalcomposite (Leipzig 1874) und Eduard Berens' Versuch einer kritischen Dogmengeschichte der Grundrechte (Leipzig 1868).

2.10 Die weiteren Bestandsgruppen (Signaturen E, H, HK, KK, L, M, N, O, OK, P, V, VS, W, Z) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt. Sie beginnen mit den Estica zwischen 1919 und 1944 (E; 1368 Bde). Die Fremdsprachige Literatur (H; 6792 Bde), die teilweise aus der sogenannten Baltischen Bücherei bis 1940 stammt (s. o. 1.2), schließt auch die Bibliothek der Familie von Ungern-Sternberg ein. Sie umfaßt 425 Titel, davon 378 in deutscher Sprache. Die in Deutschland erschienenen Titel (zwischen 1584 und 1910) machen 60 Prozent aus. Nennenswert sind Balthasar Rüssows Chronica der Provinz Lyfflandt (Barth 1584) sowie Johann Caspar Venators Historischer Bericht von dem Marianisch-Teutschen Ritter-Orden (Nürnberg 1680). Der Katalog der Sammlung Ungern-Sternberg verzeichnet unter 47 Schlagwörtern Werke der deutschbaltischen Geschichte. Der Rara-Bestand (HK) enthält 122 Bde zwischen 1570 und 1900, davon 70 in deutscher Sprache und 41 aus deutschen Druckorten. Die bemerkenswerte Sammlung von Karten und Plänen (KK) umfaßt 3435 Nummern. Es handelt sich vor allem um Karten des estnischen und lettischen Territoriums aus dem 18. bis 20. Jh, es findet sich darunter aber auch Ludwig August Mellins Atlas von Liefland und Ehstland (Riga und Leipzig 1791-1798).

2.11 Neben aktuelleren Titeln zur Geschichte (Signatur L), die zwischen 1947 und 1979 erschienen sind (3500 Bde), finden sich Politische und theologische Schriften des 17. bis 20. Jhs (M; 3481 Bde) sowie Musikdrucke (N) des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jhs (147 Nummern, davon 72 deutschsprachige und deutscher Provenienz); weiterhin 1328 Nummern Gelegenheitsschriften zwischen 1916 und 1919 (OK). Unter 11.251 Nummern der Gruppe Allgemeine Periodika des 19. und 20. Jhs (P) sind die Preussische Gerichts-Zeitung (Berlin 1859-1863) und die Preussischen Jahrbücher (Berlin 1894). Es finden sich ferner 3661 Bde Fremdsprachige Schriften bis 1917 (V), 418 Bde Fremdsprachiges Schrifttum zwischen 1917 und 1945 (VS), 720 Bde Fremdsprachige Werke zur Geschichte der Gegenwart (W) und 1021 Bde Einheimische Periodika des 18. bis frühen 20. Jhs (Z).

2.12 Die verschiedenen Numerus-currens-Aufstellungen, die seit 1956 für Restbestände aus Kirchen-, Schul-, Anstalts- und Vereinsbibliotheken sowie für Schenkungen und Ankäufe eingeführt worden sind, enthalten unter den ca. 22.104 Bdn auch Bücher in deutscher Sprache vor 1900. Sie stammen u. a. aus Sammlungen lutherischer Kirchen und Gemeinden Estlands, aus der Bibliothek des Dorpater Pädagogikums, der Bibliothek des Landesgymnasiums in Pecory [Petschery], der Bücherei der Dorpater Burschen- und Studentenschaft, der Bibliothek der Altertums-Gesellschaft in Narwa (gegr. 1863) sowie aus den Stadtverwaltungen von Pernau und Dorpat. Beim deutschsprachigen Schrifttum des 17. bis 19. Jhs handelt es sich in erster Linie um praktisch-theologische Literatur (Bibelausgaben, darunter eine Lutherbibel von 1629; Haus- und Handbücher, Gesangbücher, Katechismen u. a.) sowie um Schulliteratur, Nachschlagewerke, Schöne Literatur und Historische Abhandlungen.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog der fremdsprachigen Literatur

[hschr. und mschr., in Zettelform; nach Drucken in lateinischer und kyrillischer Schrift geordnet; geführt seit 1932]

Alphabetischer Katalog des estnischsprachigen Schrifttums

[hschr. und mschr., in Zettelform; geführt seit 1932]

Systematischer Katalog

[hschr. und mschr., in Zettelform; Neubearbeitung des Sachkatalogs von 1932 durch den Leiter der Dorpater Universitätsbibliothek Friedrich Puksov 1934-1938]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Katalog der Periodika

[mschr., in Zettelform; getrennt nach estnischer Sprache, slawischen und anderen europäischen Sprachen; geführt seit 1962]

Chronologischer Katalog der Alten Drucke

[Reiterkartei; mit farbigen Kodierungen für Themen, Sprachen und Druckorte; erfaßt alle Drucke des 16. bis 18. Jhs; erstellt 1981]

Chronologisch-alphabetischer Autorenkatalog

[mschr., in Zettelform; mit Farbkodierung für Autoren und Themen; geführt seit 1981; seit 1995 EDV-Katalogisierung]

3.3 Historische Kataloge

Katalog der Bibliothek des Ungern-Sternberg-Archivs

[mschr., in Bandform; Inhaltsübersicht mit 47 Schlagwörtern; erfaßt 425 Bde; 1934]

Katalog der Bibliothek des Ungern-Sternberg-Archivs, II. Teil

[mschr., in Bandform; Inhaltsübersicht mit 34 Schlagwörtern; erfaßt 448 Bde; 1938]

Standortkatalog der Baltischen Bücherei

[hschr., in Bandform; gegliedert in 12 Sachgruppen; erfaßt ca. 2000 Titel; 1945 erstellt]

Bibliographie zum Archivwesen 1929-1934, 1948-1949

[hschr., in Bandform]

Spisok pecatnych izdanij, opublikovannych na osnovanii dokumentov ZGIA Estonskoj SSR [Bibliographie der Drucke, die auf der Grundlage der Archivalien des Estnischen Staatlichen Zentralarchivs veröffentlicht wurden]. 2 Bde. Tartu 1945

[mschr., erfaßt Drucke von 1921-1944]

Das personale Gelegenheitsschrifttum im Bestand der Bibliothek wird im Rahmen eines von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekts verzeichnet und in Kürze auf Mikrofiche zugänglich gemacht.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Archivalien zur Geschichte der Ritterschaftsbibliothek im Bestand Estländische Ritterschaft [Bestand 854, Verzeichnis Nr. 1, Akten 661-663, 1909-1921]

Dokumente zur Verwaltung der Archivbibliothek im Bestand Estnisches Staatliches Zentralarchiv [Bestand 661, Verzeichnis Nr. 1, Akten 288-315, 1921-1944] und im Bestand Estnisches Historisches Staatliches Zentralarchiv [Bestand R-271, Verzeichnis Nr. 1, Akten 18, 71, 1940-1944]

4.2 Darstellungen

Bestimmungen über die Benutzung des Estländischen Ritterschaftlichen Archivs. [Reval 1910]

Die Bibliothek. In: Rechenschaftsbericht des Ritterschaftshauptmanns Baron Dellingshausen-Kattentack für das Triennium 1911/1913. III. Bericht über das Estländische Ritterschaftsarchiv. Reval 1913, S. 20-21

Liiv, Otto: Die Tätigkeit des Staatlichen Zentralarchivs auf dem Gebiet des Archivwesens. In: Bericht über die Tätigkeit des Estnischen Staatlichen Zentralarchivs 1921-1932. Nebst einem Verzeichnis der ihm einverleibten Archive. Tartu 1932, S. 14, 45-49, 53-55 (Publikationen des Estnischen Staatlichen Zentralarchivs 2) [in Estnisch und Deutsch]

Liiv, Otto: The Central State Archives 1. IV. 1932-1. IV. 1937. In: The Central State Archives 1932-1937 and special archival questions. Tartu 1937, S. 14, 22, 42-51, 82-99 (Publications of the Central State Archives 5) [in Estnisch und Englisch]

Martin, Aino: Eesti NSV Riikliku Ajaloo Keskarhiivi teaduslik raamatukogu. Koguteos-Eesti NSV arhiivid [Die wissenschaftliche Bibliothek des Staatlichen Historischen Zentralarchivs der Estnischen SSR]. Tallinn 1974, S. 39-51

Hirson, Liina: Eesti Ajalooarhiivi teaduslik raamatukogu [Die Bibliothek des Estnischen Staatlichen Historischen Archivs]. In: Eesti Riigiarhiivi 70. aastapäevale pühendatud teaduskonverents. Ettekannete teesid [Wissenschaftliche Konferenz anläßlich des 70. Jahrestages der Gründung des Estnischen Staatlichen Archivs. Thesen der Berichte]. Tallinn 1991, S. 18-19

Šor, Tatjana: Eesti Ajalooarhiivi teaduslik raamatukogu [Die Bibliothek des Estnischen Staatlichen Historischen Archivs]. In: Artiklite kogumik Eesti Ajalooarhiivi 75. aastapäevaks [Aufsätze anläßlich des 75. Jahrestages der Gründung des Estnischen Historischen Archivs]. Tartu 1996, S. 117-125 (Eesti Ajalooarhiivi Toimetised 1/8) [Zusammenfassung in Deutsch]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Hirson, Liina: Die Bibliothek des Estnischen Staatlichen Historischen Archivs in Tartu. In: Eesti Ajalooarhiivi 70. aastapäevale pühendatud näituse kataloog [Katalog der Ausstellung anläßlich des 70. Jahrestages der Gründung des Estnischen Historischen Archivs]. Tallinn 1991, S. 29-36 [in Estnisch, Russisch und Deutsch]

Põldvee, Aivar: Vanim eestikeelne-teemaline Tallinna juhuluuletus [Das älteste Gelegenheitsgedicht über Reval in estnischer Sprache]. In: Keel ja Kirjandus [Sprache und Literatur] (1992) Nr. 7, S. 403-408

Salupere, Malle: Vähetuntud lehekülgi Oktoobriajajärgu ajakirjandusest Tartus [Unbekannte Seiten in der Geschichte Dorpater Zeitschriften aus den Jahren 1917 bis 1919]. In: Eesti Kommunist [Der Estnische Kommunist] 1 (1984) S. 29-31

Treumuth, Nigol; Liiv, Otto: Übersicht der Publikationen und Darstellungen über die historischen Beziehungen zwischen Estland und Polen. In: Polonica im Estnischen Staatlichen Zentralarchiv. Tartu 1931, S. 33-38 (Publikationen des Estnischen Staatlichen Zentralarchivs 1)

Stand: Januar 1996

Tatjana Šor


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.